Montag, 19. November 2018

90 Jahre CVP Männedorf: 6 Visionen für die Zukunft


Sonnige Aussichten oder Untergangsstimmung?
Die CVP Männedorf schaute an ihrer 90-Jahrfeier, die am letzten Samstag auf Boldern begangen wurde, weniger in die Vergangenheit, als vielmehr in die Zukunft. Im Rahmen einer von alt Nationalrätin Barbara Schmid-Federer organisierten Tagung diskutierte sie zusammen mit der Planungsgruppe Hecht und einer Siedlungsplanerin der Hochschule Rapperswil Visionen für die Seeregion



Verdichten war, ist und bleibt
das Gebot der Stunde
Hannes Strebel von der Planungsgruppe Hecht stellte sechs Visionen zur Entwicklung der Region Zürichsee an den Beginn der Tagung, welche die CVP Männedorf anlässlich ihrer 90-Jahrfeier auf Boldern organisierte. Früher waren unsere Dörfer kleine, eng bebaute Dorfkerne, umgeben von weiten landwirtschaftlich genutzten Grüngürteln. Entsprechend waren die Siedlungsgebiete dicht besiedelt und belebt. Heute haben wir um den See einen dichten ausufernden Siedlungsteppich mit 265 000 Einwohnern. In den Dörfern gibt es gemäss Strebel relativ wenig Leben, dafür überfüllte Verkehrsadern Richtung Zürich, welche grosse Teile der Bevölkerung vom See abschotten. Das Angebot auf dem See seinerseits richtet sich hauptsächlich an Touristen ab dem Bürkliplatz; wirkliche Querverbindungen ans andere Ufer gibt es viel zu wenige.



Strebel behauptet, Bahn und Strasse
schneiden die Dörfer vom See ab.
Vor diesem Hintergrund hat die Planungsgruppe Hecht sechs Vorschläge für eine lebenswerte und wirtschaftlich attraktive Zukunft der Seegemeinden ausgearbeitet. Die Hauptstrassen sollen in den Untergrund verbannt werden, ein vierspuriger Pfannenstieltunnel ab der A53 bei Rüti den Verkehr der Seegemeinden sammeln und in Wollishofen der A3 übergeben. Patricia Wenk von der HSR steht diesem Tunnel kritisch gegenüber. Mehr Strassen hätten in der Vergangenheit immer zu mehr Verkehr geführt. Stauvermeidende Massnahmen führen üblicherweise nicht dazu, dass die Leute schneller ans Ziel kommen, sondern, dass sie weiter fahren. Bereits heute ist die überbaute Mobilitätsfläche dreimal grösser als die verbaute Wohnfläche, gab Wenk zu bedenken. Dem Publikum gefiel einerseits die Idee, die Verkehrslawine von der Seestrasse unter den Berg zu verbannen. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass die Autos ja auch von den Ein- und Ausfahrten bis in die Wohnquartiere kommen müssten, weshalb die Entlastung für die Quartiere und Dörfer als minimal eingeschätzt wurde. Rolf Eberli, langjähriger Gemeinderat in Männedorf, hielt fest, dass der motorisierte Individualverkehr im Siedlungsgebiet reduziert werden muss, indem der öffentliche Verkehr, Fuss- und Veloverbindungen attraktiver würden. Thomas Odermatt sah sehr richtig, dass der vorgeschlagene Pfannenstieltunnel fast parallel zur bestehenden Forchautobahn geplant sei. Er sieht die Lösung daher weniger im Bau eines solchen Tunnels, als dem Anschluss der bestehenden Forchstrasse von Zumikon ans Autobahnnetz in Wollishofen. Wenk bestätigte den Einwurf von Etienne Ruedin, dass der Freizeitverkehr heute rund 50% grösser sei, als der Pendlerverkehr nach Zürich, weshalb Massnahmen in den Dörfern wohl nachhaltiger seien, als grosse Tunnels.



So sah es der Karikaturist des
Tages-Anzeigers einige Tages später.

Zwei weitere Visionen befassen sich mit der Eisenbahn. Strebel schlug vor, die Bahn als U-Bahnlinie um den See zu betreiben und das freiwerdende Trasse als Veloschnellverbindung sowohl für den Pendler-, als auch den Freizeitverkehr, insbesondere mit Elektrovelos zu nutzen. Wenk konnte diesen Visionen wesentlich mehr abgewinnen. Auch seitens der Teilnehmer aus vielen Bezirksgemeinden sprachen sich eine grosse Mehrheit für eine Tieferlegung der Bahn aus. Wohl wird sie nie rund um den See in Tunnels verschwinden und ein pragmatisches Vorgehen wird schrittweise sein, beispielsweise indem man eine Überdeckung von Bahn und Seestrasse hinter der chemischen Fabrik in Uetikon jetzt ernsthaft in Erwägung zieht. Wenk wartete mit erstaunlichen statistischen Zahlen auf. So braucht die Bahn etwas mehr als doppelt soviel Vekehrsfläche als das Velo; das Auto hingegen über zehnmal so viel. Deshalb sei rein vom Gesichtspunkt des haushälterischen Umgangs mit dem Boden die Bahn - und für kürzere Strecken - das Velo stärker zu fördern. Ein Teilnehmer ging soweit, vorzuschlagen, das Benzin stark zu verteuern und damit die Bahnbillette hin bis zu einem symbolischen Betrag zu verbilligen. Siedlungsplanerin Wenk ihrerseits stellte interessante Modelle von "Mobilität als Service" aus Finnland vor. Auch wies sie auf die ungünstige Diskrepanz hin: Während der Bahnreisende je nach Streckenlänge bezahlt, sind viele Kosten beim Auto pauschalisiert; Versicherungen oder Autobahnvignette kosten zum Beispiel gleichviel, unabhängig von der Anzahl gefahrener Kilometer.



Die vierte Vision betrifft den Seeuferweg. Das linke Ufer ist bei der Verwirklichung dieser Vision schon viel weiter, als die Goldküste, auch wenn es in Männedorf unterhalb des Kreisspitals einen schönen Abschnitt gibt. Hingegen zeigt die sich dieser Tage bietenden Gelegenheit, durch den Kauf einer Liegenschaft zur Arrondierung eines bestehenden Parks am See in Männedorf, welche die CVP sehr unterstützt, dass die sechs Millionen Franken, welche dem Kanton jährlich für den Seeuferweg zur Verfügung stehen, nur sehr kleine Schritte ermöglichen. Es wurde jedoch auf Beispiele aus Küsnacht und am anderen Ufer hingewiesen, wie Teilstücke auch über Stege ohne Landerwerb miteinander verbunden werden können.



attraktiv, schnell und oft über den See
Dampfschiffe sind attraktive Touristenattraktionen. Entsprechend sind die Längsfahrten mit den altehrwürdigen Dampfern oft gut ausgelastet, doch verbinden sie die beiden Ufer nicht miteinander. Deshalb schlägt Hannes Strebel vor, es sollte wesentlich mehr Querverbindungen als stündlich die «Forch» zwischen Männedorf/Stäfa und Wädenswil und der Fähre Horgen-Meilen geben. Der heutige Betrieb mit schweren, zweimännig bedienten Schiffen ist jedoch teuer. Mit kleinen Booten könnten die Verbindungen schneller, kostengünstiger und einmännig betrieben werden. Entsprechende Beispiele aus Amsterdam und Genf wurden genannt. Aus den Reihen des Publikums wurde auf die bereits heute bestehenden schlanken Anschlüsse der «Forch» in Wädenswil an die Schnellzüge ins Bündernland, nach Österreich und Arth-Goldau verwiesen. Diese Vision lässt sich rasch und ohne Infrastrukturbauten verwirklichen.



Zuerst eine Seestadt Männedorf-Uetikon-Meilen
Da die Seegemeinden heute schon mancherorts einen zusammengewachsenen Siedlungsbrei mit über einer Viertel Million Einwohner bilden, warf Strebel den Gedanken in die Runde, Meilen, Uetikon und Männedorf zu einer einzigen Gemeinde zu vereinen. Diese Seestadt mit rund 30 000 Einwohnern gehörte dann zu den zwanzig grössten Städten des Landes - mit dementsprechenden Vorteilen. Das Zentrum sähe der Architekt neben der Schifflände in Uetikon, gut erreichbar per Bahn, Bus und Velo. Den Grünraum hinter der heutigen chemischen Fabrik, direkt am neuen Zentrum gelegen, da Bahn und Strasse tiefergelegt, würde er mit vier- und fünfstöckigen Häusern dicht und eng überbauen, um damit die Siedlungsränder zu entlasten oder gar, als provokante Vision, die ausufernden Ränder langfristig zum Teil auch zurückzubauen. Rolf Eberli hat als Gemeinderat etwas weniger weit gehend den Zusammenschluss der Gemeindewerke der rechtsufrigen Seegemeinden angedacht, was grosse Synergien brächte. In Männedorf fand diese Idee vor einigen Jahren (noch?) keine Mehrheit an der Urne. Einig waren sich verschiedene Redner, dass nur stark verdichtete Wohnquartiere in den Zentren uns dazu bringen, vermehrt zu Fuss und mit dem Velo unterwegs zu sein und somit ein wichtiger Bestandteil zur Lösung von Verkehrsproblemen sind. Auch wenn das Herz von Christine Cattaneo eher für einen zentralen grossen Park an dieser Lage schlägt, spricht der Kopf für zentral gelegene attraktive Wohnungen mit einer guten sozialen Durchmischung, von denen alle Lebensbereiche zu Fuss erreicht werden können, wie Bettina Schnider von der Jungen CVP einwarf.



Festredner Dr. Lorenz Schmid

Visionen müssen frech formuliert und provokant sein, damit sie aufrütteln und zum Denken anregen. Hannes Strebel von der Gruppe Hecht ist dies
an der Tagung der jubilierenden CVP Männedorf gut gelungen. Sowohl Patricia Wenk, als auch das von Kantonsrat Lorenz Schmid moderierte Publikum aus einer ganzen Reihe von Seegemeinden nahmen die Ideen ohne Scheuklappen auf und klopften sie auf Stärken, Schwächen und Umsetzbarkeit ab. Es ist zu hoffen, dass die anregenden und grundsätzlichen Diskussionen nicht nur beim anschliessenden Festessen, sondern auch in den Dörfern weitergeführt werden.

Seit 90 Jahren prägt die CVP Männedorf Lebensraum und Lebensqualität der Seegemeinde. Über 10'000 Leute leben in Männedorf und profitieren davon, dass die CVP sich seit Jahr und Tag für ihren attratkitven Wohn- oder Arbeitsort einsetzt.