|
Sonnige Aussichten oder Untergangsstimmung? |
Die CVP Männedorf
schaute an ihrer 90-Jahrfeier, die am letzten Samstag auf Boldern
begangen wurde, weniger in die Vergangenheit, als vielmehr in die
Zukunft. Im Rahmen einer von alt Nationalrätin Barbara Schmid-Federer organisierten Tagung diskutierte sie zusammen mit der
Planungsgruppe Hecht und einer Siedlungsplanerin der Hochschule
Rapperswil Visionen für die Seeregion
|
Verdichten war, ist und bleibt
das Gebot der Stunde |
Hannes Strebel von
der Planungsgruppe Hecht stellte sechs Visionen zur Entwicklung der
Region Zürichsee an den Beginn der Tagung, welche die CVP Männedorf
anlässlich ihrer 90-Jahrfeier auf Boldern organisierte. Früher
waren unsere Dörfer kleine, eng bebaute Dorfkerne, umgeben von
weiten landwirtschaftlich genutzten Grüngürteln. Entsprechend waren
die Siedlungsgebiete dicht besiedelt und belebt. Heute haben wir um
den See einen dichten ausufernden Siedlungsteppich mit 265 000
Einwohnern. In den Dörfern gibt es gemäss Strebel relativ wenig
Leben, dafür überfüllte Verkehrsadern Richtung Zürich, welche
grosse Teile der Bevölkerung vom See abschotten. Das Angebot auf dem
See seinerseits richtet sich hauptsächlich an Touristen ab dem
Bürkliplatz; wirkliche Querverbindungen ans andere Ufer gibt es viel
zu wenige.
|
Strebel behauptet, Bahn und Strasse
schneiden die Dörfer vom See ab. |
Vor diesem
Hintergrund hat die Planungsgruppe Hecht sechs Vorschläge für eine
lebenswerte und wirtschaftlich attraktive Zukunft der Seegemeinden
ausgearbeitet. Die Hauptstrassen sollen in den Untergrund verbannt
werden, ein vierspuriger Pfannenstieltunnel ab der A53 bei Rüti den
Verkehr der Seegemeinden sammeln und in Wollishofen der A3 übergeben.
Patricia Wenk von der HSR steht diesem Tunnel kritisch gegenüber.
Mehr Strassen hätten in der Vergangenheit immer zu mehr Verkehr
geführt. Stauvermeidende Massnahmen führen üblicherweise nicht
dazu, dass die Leute schneller ans Ziel kommen, sondern, dass sie
weiter fahren. Bereits heute ist die überbaute Mobilitätsfläche
dreimal grösser als die verbaute Wohnfläche, gab Wenk zu bedenken.
Dem Publikum gefiel einerseits die Idee, die Verkehrslawine von der
Seestrasse unter den Berg zu verbannen. Andererseits wurde darauf
hingewiesen, dass die Autos ja auch von den Ein- und Ausfahrten bis
in die Wohnquartiere kommen müssten, weshalb die Entlastung für die
Quartiere und Dörfer als minimal eingeschätzt wurde. Rolf Eberli,
langjähriger Gemeinderat in Männedorf, hielt fest, dass der
motorisierte Individualverkehr im Siedlungsgebiet reduziert werden
muss, indem der öffentliche Verkehr, Fuss- und Veloverbindungen
attraktiver würden. Thomas Odermatt sah sehr richtig, dass der
vorgeschlagene Pfannenstieltunnel fast parallel zur bestehenden
Forchautobahn geplant sei. Er sieht die Lösung daher weniger im Bau
eines solchen Tunnels, als dem Anschluss der bestehenden Forchstrasse
von Zumikon ans Autobahnnetz in Wollishofen. Wenk bestätigte den
Einwurf von Etienne Ruedin, dass der Freizeitverkehr heute rund 50%
grösser sei, als der Pendlerverkehr nach Zürich, weshalb Massnahmen
in den Dörfern wohl nachhaltiger seien, als grosse Tunnels.
|
So sah es der Karikaturist des
Tages-Anzeigers einige Tages später. |
Zwei weitere
Visionen befassen sich mit der Eisenbahn. Strebel schlug vor, die
Bahn als U-Bahnlinie um den See zu betreiben und das freiwerdende
Trasse als Veloschnellverbindung sowohl für den Pendler-, als auch
den Freizeitverkehr, insbesondere mit Elektrovelos zu nutzen. Wenk
konnte diesen Visionen wesentlich mehr abgewinnen. Auch seitens der
Teilnehmer aus vielen Bezirksgemeinden sprachen sich eine grosse
Mehrheit für eine Tieferlegung der Bahn aus. Wohl wird sie nie rund
um den See in Tunnels verschwinden und ein pragmatisches Vorgehen
wird schrittweise sein, beispielsweise indem man eine Überdeckung
von Bahn und Seestrasse hinter der chemischen Fabrik in Uetikon jetzt
ernsthaft in Erwägung zieht. Wenk wartete mit erstaunlichen
statistischen Zahlen auf. So braucht die Bahn etwas mehr als doppelt
soviel Vekehrsfläche als das Velo; das Auto hingegen über zehnmal
so viel. Deshalb sei rein vom Gesichtspunkt des haushälterischen
Umgangs mit dem Boden die Bahn - und für kürzere Strecken - das
Velo stärker zu fördern. Ein Teilnehmer ging soweit, vorzuschlagen,
das Benzin stark zu verteuern und damit die Bahnbillette hin bis zu
einem symbolischen Betrag zu verbilligen. Siedlungsplanerin Wenk
ihrerseits stellte interessante Modelle von "Mobilität als
Service" aus Finnland vor. Auch wies sie auf die ungünstige
Diskrepanz hin: Während der Bahnreisende je nach Streckenlänge
bezahlt, sind viele Kosten beim Auto pauschalisiert; Versicherungen
oder Autobahnvignette kosten zum Beispiel gleichviel, unabhängig von
der Anzahl gefahrener Kilometer.
Die vierte Vision
betrifft den Seeuferweg. Das linke Ufer ist bei der Verwirklichung
dieser Vision schon viel weiter, als die Goldküste, auch wenn es in
Männedorf unterhalb des Kreisspitals einen schönen Abschnitt gibt.
Hingegen zeigt die sich dieser Tage bietenden Gelegenheit, durch den
Kauf einer Liegenschaft zur Arrondierung eines bestehenden Parks am
See in Männedorf, welche die CVP sehr unterstützt, dass die sechs
Millionen Franken, welche dem Kanton jährlich für den Seeuferweg
zur Verfügung stehen, nur sehr kleine Schritte ermöglichen. Es
wurde jedoch auf Beispiele aus Küsnacht und am anderen Ufer
hingewiesen, wie Teilstücke auch über Stege ohne Landerwerb
miteinander verbunden werden können.
|
attraktiv, schnell und oft über den See |
Dampfschiffe sind
attraktive Touristenattraktionen. Entsprechend sind die Längsfahrten
mit den altehrwürdigen Dampfern oft gut ausgelastet, doch verbinden
sie die beiden Ufer nicht miteinander. Deshalb schlägt Hannes
Strebel vor, es sollte wesentlich mehr Querverbindungen als stündlich
die «Forch»
zwischen Männedorf/Stäfa und Wädenswil und der Fähre
Horgen-Meilen geben. Der heutige Betrieb mit schweren, zweimännig
bedienten Schiffen ist jedoch teuer. Mit kleinen Booten könnten die
Verbindungen schneller, kostengünstiger und einmännig betrieben
werden. Entsprechende Beispiele aus Amsterdam und Genf wurden
genannt. Aus den Reihen des Publikums wurde auf die bereits heute
bestehenden schlanken Anschlüsse der «Forch»
in Wädenswil an die Schnellzüge ins Bündernland, nach Österreich
und Arth-Goldau verwiesen. Diese Vision lässt sich rasch und ohne
Infrastrukturbauten verwirklichen.
|
Zuerst eine Seestadt Männedorf-Uetikon-Meilen |
Da
die Seegemeinden heute schon mancherorts einen
zusammengewachsenen Siedlungsbrei mit über einer Viertel Million
Einwohner bilden, warf Strebel den Gedanken in die Runde, Meilen,
Uetikon und Männedorf zu einer einzigen Gemeinde zu vereinen. Diese
Seestadt mit rund 30 000 Einwohnern gehörte dann zu den zwanzig
grössten Städten des Landes - mit dementsprechenden Vorteilen. Das
Zentrum sähe der Architekt neben der Schifflände
in Uetikon, gut erreichbar per Bahn, Bus und Velo. Den Grünraum
hinter der heutigen chemischen Fabrik, direkt am neuen Zentrum
gelegen, da Bahn und Strasse tiefergelegt, würde
er mit vier- und fünfstöckigen Häusern dicht und eng überbauen,
um damit die Siedlungsränder zu entlasten
oder gar, als provokante Vision, die ausufernden Ränder langfristig
zum Teil auch zurückzubauen.
Rolf Eberli hat als Gemeinderat etwas weniger weit gehend den
Zusammenschluss der Gemeindewerke der rechtsufrigen Seegemeinden
angedacht, was grosse Synergien brächte. In Männedorf fand diese
Idee vor einigen Jahren (noch?) keine Mehrheit
an der Urne. Einig waren
sich verschiedene Redner, dass nur stark verdichtete Wohnquartiere in
den Zentren uns dazu bringen, vermehrt zu Fuss und mit dem Velo
unterwegs
zu sein und somit ein wichtiger Bestandteil zur Lösung von
Verkehrsproblemen sind.
Auch wenn das Herz von Christine Cattaneo
eher für einen zentralen grossen Park an dieser Lage schlägt,
spricht der Kopf für zentral gelegene attraktive Wohnungen mit einer
guten sozialen Durchmischung, von denen alle Lebensbereiche zu Fuss
erreicht werden können, wie Bettina Schnider von der Jungen CVP
einwarf.
|
Festredner Dr. Lorenz Schmid |
Visionen
müssen frech formuliert und provokant sein, damit sie aufrütteln
und zum Denken anregen. Hannes Strebel von der Gruppe Hecht ist dies
an der Tagung der
jubilierenden CVP Männedorf gut
gelungen. Sowohl Patricia Wenk, als
auch das von Kantonsrat Lorenz Schmid moderierte Publikum aus einer
ganzen Reihe von Seegemeinden nahmen die Ideen ohne Scheuklappen auf
und klopften sie auf Stärken, Schwächen und Umsetzbarkeit ab. Es
ist zu hoffen, dass die anregenden und grundsätzlichen Diskussionen
nicht nur beim anschliessenden Festessen, sondern auch in den Dörfern
weitergeführt werden.
Seit
90 Jahren prägt die CVP Männedorf Lebensraum und Lebensqualität
der Seegemeinde. Über 10'000 Leute leben in Männedorf und
profitieren davon, dass die CVP sich seit Jahr und Tag für ihren
attratkitven Wohn- oder Arbeitsort einsetzt.